Warum #Heimat?

03 Mai 2018
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von Bendikt Gilgenreiner

In einer Zeit, in der sich jeder Weltbürger nennt, Reisen so günstig ist wie noch nie und dank Google Maps selbst die fernsten Orte nah scheinen, bekommt der Begriff Heimat eine neue Bedeutung. Eine Bedeutung, die stark von individuellen Erinnerungen, Wünschen und Vorstellungen geprägt ist und sich nur schwer in einer allgemein gültigen Definition fassen lässt. Und gerade darin besteht der Reiz, sich dem Thema Heimat immer wieder aufs Neue anzunähern: Die Süddeutsche Zeitung tut dies medial, die Bayerische Landesaustellung historisch und die Klassiktage Ammergauer Alpen musikalisch.

Beate und Josef Gilgenreiner

Die Thematik Heimat scheint momentan im Trend zu liegen. Doch kann man tatsächlich von einem Trend sprechen? Beate und Josef Gilgenreiner, die Initiatoren des Bayerischen Klassikfestivals in Bad Kohlgrub, verneinen. «Die Organisation der Klassiktage erfordert zwei bis drei Jahre intensive Vorbereitungszeit. Zu diesem Zeitpunkt war das Thema noch nicht so populär.» Der Auslöser für das diesjährige Programmthema war also keine Trendprognose, sondern lag viel näher. Als die Bayerische Landesaustellung 2016 bekannt gab, dass sich bei der Ausstellung im Kloster Ettal alles um den «Mythos Bayern – Wald, Gebirge, Königstraum» drehen soll, löste das bei den beiden Klassikprofis rege Diskussionen aus. Welche Mythen ranken sich um Bayern? Was bedeutet uns Bayern? Und ist das unsere Heimat?

Benjamin Appl © Lars Borges, Sony

Komplexe Fragen für die gebürtigen Bayern, die in der Schweiz und Deutschland leben und beruflich wie viele Musiker und Musikerinnen in ganz Europa unterwegs sind. Nach intensiver Auseinandersetzung fällt die Antwort jedoch leichter als gedacht. «Heimat ist für mich vertraute Musik; das sind Freunde und sprachliche Eigenheiten – beispielsweise verraten gewisse Vokale im Bairischen sofort die Herkunft des Sprechers.», fasst Beate Gilgenreiner zusammen. Besonders der Gedanke einer musikalischen Heimat faszinierte die Festivalorganisatoren und führte unter anderem zu einem interessanten Gespräch mit dem bayerischen Bariton Benjamin Appl.

Benjamin Appls neue CD erschien unter dem Titel «Heimat» und bewegt sich zwischen vergangenen und neuen musikalischen Erinnerungen, dem Wunsch Neues zu entdecken und musikalische Experimente zu wagen. Um diese Gegensätze geht es am dritten Abend der Klassiktage Ammergauer Alpen. Der Bariton steht dort zusammen mit dem Wiener Minetti Quartett auf der Bühne. Eine aussergewöhnliche Kombination, die einen ganz besonderen Klang hervorbringt. «Ein orchestraler Klang, der die Baritonstimmer wunderbar umhüllt, begleiten und kommentieren wird.», verrät Beate Gilgenreiner schon jetzt.

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