Interview mit Cornelia Kallisch

26 Jun 2017
·
von Linda Schumacher

Der Pavillon

Cornelia Kallisch
Linda Schumacher mit Cornelia Kallisch

Ich sitze vor dem Pavillon, der mitten in der Stadt Zürich steht und trotzdem umgeben ist von Bäumen und grünen Wiesen. Hier unterrichtet Cornelia Kallisch zwei Mal pro Woche. Heute kommt sie aber nicht zum Musikmachen, sondern um mir einige Fragen über ihr Leben als Mezzosopranistin zu beantworten. Pünktlich erscheint Cornelia Kallisch zu unserem Termin und lässt mich in den Pavillon eintreten. Drinnen eröffnet sich mir eine andere Welt. Die Zeit scheint still zu stehen, nur das Vogelgezwitscher ist hörbar. Es ist der perfekte Ort, um über eine grossartige Karriere zu sprechen und sich an alte Zeiten zu erinnern.

Cornelia Kallisch hat ihre musikalische Laufbahn als Instrumentalistin mit Klavier und Violine begonnen, bevor sie sich dem Gesang zuwandte. Mit sich selbst zu musizieren, das ist es, was Cornelia Kallisch faszinierte. Sie studierte u. a. bei Josef Metternich und schloss ihre Ausbildung am Opernstudio der Bayerischen Staatsoper ab. Meisterkurse hat sie nie besucht, dafür sei sie zu scheu gewesen. In ihrer Laufbahn hat sie aber viele Lehrerinnen privat aufgesucht.

Bewunderung für andere

Die Bühne bezeichnet Kallisch als magischen Ort, an dem schon viele prominente Persönlichkeiten gestanden sind. Bescheiden erzählt Kallisch, dass sie grossen Sängerinnen gegenüber lange Zeit Bewunderung, vielleicht sogar Ehrfurcht empfand. Von ihren Idealen «geheilt» wurde sie durch ein Erlebnis mit Janet Baker. Als Kallisch die Sängerin aufsuchte und sich während der Begrüssung überschwänglich bedankte, meinte die Dame nur «Please, come to the point. I’ve little time». Nebst Janet Baker nennt sie Christa Ludwig und Brigitte Fassbaender als Vorbilder. Ein sehr schönes, prägendes Erlebnis hatte Kallisch mit Edith Mathis. Sie standen zusammen im Rosenkavalier auf der Bühne.

Lampenfieber und sonstige Ängste

So fest Cornelia Kallisch sich mitreissen lassen konnte auf der Bühne, manches hat sie auch klein gemacht. Ängste, ob man genug laut singt, dass man gehört wird, ob man die Töne trifft, oder ob der Tenor nicht doch zu laut ist, haben sie verunsichert und dazu geführt, dass sie manchmal ihre Auftritte gar nicht richtig geniessen konnte. Hinzu kam das Lampenfieber, das ihr oftmals die Luft genommen und sie somit eingeschränkt hat. Beim Singen sei das Körperbewusstsein etwas sehr Wichtiges. So habe sie eines Tages festgestellt, dass sich Freude und Begeisterung eigentlich anfühlen wie Lampenfieber. Von da an versuchte sie, ihr Lampenfieber in positive Energie, in Freude und Begeisterung umzuwandeln. Das ist etwas, was sie den Studierenden mitgeben möchte. Den Mut und den Dialog mit der Musik sind weitere Punkte, welche Kallisch vermitteln möchte.

 

Das Unterrichten bezeichnet Kallisch als eine grosse Kunst. Viel gelernt hat sie dadurch, dass sie bei unterschiedlichsten Lehrerinnen Unterricht genommen hat. Am meisten Freude bereitet ihr, wenn ihre Tipps bei Studierenden ankommen und auch umgesetzt werden können.

Eigene Karriere

Kallisch, die selbst über Umwegen zum Gesang kam, bezeichnet sich als nachsichtig gegenüber Studierenden, die ebenfalls nicht auf direktem Weg an die Musikhochschule oder zum Gesang gelangen. Heutzutage müsse man möglichst früh und direkt seinen Weg einschlagen, was nicht immer einfach sei. Schade findet Kallisch, dass heute ausgeprägte Charakterstimmen keine Chance mehr haben. Wie Brigitte Fassbaender schon gesagt hat, nennt sie als Beispiel Maria Callas, die heute wahrscheinlich keinen Wettbewerb mehr gewinnen würde. Heute würden glattpolierte, klinisch saubere, jederzeit einsetzbare Stimmen bevorzugt.

Nachdem wir über das Unterrichten gesprochen haben, möchte ich nun etwas mehr über das Leben von Cornelia Kallisch erfahren. Die eigene Karriere begann die sympathische Mezzosopranistin mit Liederabenden. So hat sie sich nach und nach kleinere Bühnen erarbeitet, was ihr dann in der Oper zugute kam. Ein besonderes Ritual vor dem Konzert hat Kallisch nicht. Sie erzählt von einem Sänger, der die Methode «Schwarzer Panther» verfolgt. Er würde den ganzen Tag zu Hause im Schlafanzug verbringen, sich erholen und nichts tun, was er müsse. Wenn er dann am Abend auf die Bühne gehe, würde er, eben wie ein Raubtier, zuschlagen und zur Bestform auflaufen.

Eines ihrer schönsten Konzerte fand im Freiburger Münster statt. Als die Sonne langsam unterging, schien sie durch das Rosettenfenster und die steinernen Figuren, welche im Münster thronen, wurden angeleuchtet. Unten sassen die gespannten, leise lauschenden Zuhörer. An diese magische, einmalige Atmosphäre erinnert sich Kallisch heute noch gerne.

In Erinnerungen schwelgen kann Kallisch gut, sie hat in ihrem reichen Musikerleben schliesslich einiges erlebt. Gerne würde ich ihr noch viel länger zuhören, der Stoff an Geschichten und Anekdoten geht ihr nicht so schnell aus. Jene, die in Bad Kohlgrub vom 10. bis 14. Juli 2017 den Meisterkurs besuchen, werden bestimmt noch mehr von ihr erfahren. Abschliessend erzählt Kallisch von einem Auftritt in Südafrika, bei dem nicht ganz alles wie am Schnürchen lief.

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